Leider ist der Weg zur richtigen Diagnose und Behandlung in Deutschland oft eine Odyssee. Es fehlt an spezialisierten Ärzt*innen und an einem Bewusstsein für seltene Erkrankungen wie CCI, AAI und EDS. Viele Betroffene fühlen sich allein gelassen und müssen um ihre Gesundheit kämpfen – so wie ich es getan habe.

Mein Name ist Lena, und ich möchte meine Geschichte teilen, um anderen Mut zu machen, die mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben.

Alles begann 2018 mit einem Sportunfall. Damals schien es eine harmlose Verletzung zu sein, die mit der Zeit heilen würde. Doch dieser Moment markierte den Anfang eines langen Leidenswegs, der mein Leben grundlegend veränderte.

Im Jahr 2021 erkrankte ich an Covid-19, was meinen Gesundheitszustand erheblich schwächte. Ein weiteres einschneidendes Ereignis war ein Einrenkmanöver, das meine Symptome drastisch verschlimmerte. Plötzlich war mein Alltag von unerklärlichen Schmerzen, neurologischen Ausfällen und einer wachsenden Einschränkung meiner Lebensqualität geprägt, welche in einer fast vollständigen Bettlägerigkeit endete. Während dieser Zeit suchte ich zahlreiche Ärzt*innen  auf – doch ich erhielt nur Fehldiagnosen. Über 1,5 Jahre hinweg kämpfte ich nicht nur gegen die körperlichen Beschwerden, sondern auch gegen das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Es war eine extrem herausfordernde Zeit, in der ich anfing, selbst nach Antworten zu suchen. Ich verbrachte unzählige Nächte damit, medizinische Studien und Fachartikel zu lesen. Nach und nach fand ich Hinweise auf die möglichen Ursachen meiner Beschwerden. Erst durch meinen eigenen Einsatz und meine Hartnäckigkeit wurden diese Vermutungen später von Ärzt*innen bestätigt und diagnostiziert.

Der Wendepunkt kam, als ich mich entschied, Hilfe außerhalb Deutschlands zu suchen. In einem spezialisierten Neuroinstitut in Barcelona erhielt ich endlich die richtige Diagnose: craniocervikale Instabilität (CCI) und atlantoaxiale Instabilität (AAI). Diese Erkrankungen erklärten viele meiner Symptome. Zudem wurde bei mir 2023 das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) diagnostiziert, eine genetische Bindegewebserkrankung, die die Instabilität meiner Halswirbelsäule verschärft hatte.

Im November 2022 unterzog ich mich einer Tethered-Cord-Operation, um einige der Symptome zu lindern. Im Mai 2023 folgte eine Fusion-Operation, bei der mein Schädel und die oberen Halswirbel stabilisiert wurden. Beide Eingriffe waren schwere Entscheidungen, doch sie waren notwendig, um mein Leben zu retten. Der Heilungsprozess war lang und herausfordernd, doch er hat sich gelohnt.

Ein weiteres wichtiges Anliegen ist mir der Kampf gegen die Psychosomatisierung, von der besonders weiblich gelesene Personen betroffen sind. Immer wieder wurde ich mit Aussagen konfrontiert, die meine Beschwerden als psychosomatisch abtaten, obwohl die Ursachen klar körperlich waren. Dieser ständige Kampf um Anerkennung und ernsthafte medizinische Abklärung war eine enorme Belastung.

Leider ist der Weg zur richtigen Diagnose und Behandlung in Deutschland oft eine Odyssee. Es fehlt an spezialisierten Ärzt*innen und an einem Bewusstsein für seltene Erkrankungen wie CCI, AAI und EDS. Viele Betroffene fühlen sich allein gelassen und müssen um ihre Gesundheit kämpfen – so wie ich es getan habe.

Heute, nach diesem steinigen Weg, blicke ich mit größerer Zuversicht in die Zukunft, auch wenn die medizinische Versorgung und Betreuung meiner seltenen Erkrankungen weiterhin herausfordernd bleibt. Meine Lebensqualität hat sich deutlich verbessert. Ich kann wieder am Leben teilnehmen und die kleinen Dinge des Alltags genießen, die ich früher als selbstverständlich angesehen habe.

Mit meiner Geschichte möchte ich Hoffnung geben. Es gibt Wege und Lösungen – auch wenn sie manchmal schwer zu finden sind. Gebt nicht auf, kämpft für eure Gesundheit und sucht die Hilfe, die euch zusteht. Mein Leben hat sich zum Positiven gewendet, und ich wünsche mir, dass auch andere diesen Weg finden dürfen. Darüber hinaus hoffe ich, durch die Gründung des Vereins zur Verbesserung der Versorgungslage für Betroffene beitragen zu können, um ihnen den oft steinigen Weg zu erleichtern.

 
 

Der Weg zur Besserung konnte für mich nur aufgrund der Kombination verschiedener Ressourcen stattfinden: [...] Der ausschlaggebende Punkt war jedoch die Öffentlichkeitsarbeit von anderen Betroffenen sowie der direkte Austausch. Daher möchte auch ich meine Erfahrungen weitergeben und mit der ehrenamtlichen Arbeit in diesem Verein dazu beitragen, dass es zukünftig strukturelle Verbesserungen hinsichtlich der Diagnostik und der Behandlung des angesprochenen Krankheitsbildes geben wird.

Bevor ich in 2022 an einer Corona-Infektion erkrankte, konnte ich ein ausgefülltes und aktives Leben führen. Bis auf leichtere, fluktuierende Schmerzen seit einem Unfall in 2014, fühlte sich mein Körper rundum gesund an. Ohne bekannte Vorerkrankungen und mit vollem Impfschutz, hatte ich zwar Respekt vor einer Corona-Infektion, nahm aber an, diese nach ein paar unangenehmen Tagen überstanden zu haben. Leider war dies eine Fehleinschätzung.

Schon während der Infektion spürte ich neben anderen Symptomen ein Brennen entlang des Rückenmarks, sowie starke Schmerzen im Hinterkopf mit einhergehender Licht- und Geräuschempfindlichkeit. Da viele Erkrankte von starken Kopfschmerzen während der Infektion berichteten, hoffte ich, dass sie einfach wieder vergehen würden. Nach vier Wochen anhaltender Symptome und starker körperlicher Schwäche, schickte mein alarmierter Hausarzt mich in die Notaufnahme. Hier wurde ich einmal gründlich durchgecheckt – es wurde nichts Auffälliges gefunden. Ein empathischer Arzt erklärte mir, dass ich wahrscheinlich am Post-Covid-Syndrom litt, man jedoch noch nicht viel wüsste und die Behandlungsoptionen auch sehr beschränkt seien, höchstwahrscheinlich würde es vergehen – ich sollte geduldig sein. Ich bekam ein Asthmaspray und weitere Erholung verordnet. Intuitiv versuchte ich bei leichten Verbesserungen meinen Kreislauf langsam wieder in Schwung zu bringen, beispielsweise mit Spaziergängen oder leichtem Yoga und Atemübungen. Ein erster Spaziergang mit einer guten Freundin zeigte mir, dass ich es nicht einmal bis zum nächsten Park schaffte – vor ein paar Wochen war dies noch die Aufwärmphase meiner Laufstrecke. Mein Lebensgefährte hatte sich in der Zwischenzeit von seinem Infekt erholt und übernahm alle Erledigungen und den Haushalt, sodass ich mich weiter erholen konnte. An guten Tagen arbeitete ich stundenweise von Zuhause, an schlechten lag ich flach. Ein Aufenthalt in den französischen Pyrenäen (die gute Bergluft!), fühlte sich wie eine gute Idee an. Schon die vielen Treppen im Ferienhaus stellten eine Herausforderung dar, ich machte jedoch weiter mit meinem Yoga-Programm und kurzen Spaziergängen. Die folgenden Monate waren ein Auf und Ab, ich begann mich mit anderen Long-Covid-Patient*innen auszutauschen. Sogar in meinem Freundes- und Bekanntenkreis traten Fälle auf: Mehrheitlich Frauen um die 30, die vorher fit und aktiv waren. Ich erlebte, dass sich einige wieder erholten und sah auch mich auf diesem Weg. Gleichzeitig nahm ich aber keine anhaltende Besserung wahr, es war weiterhin ein Auf und Ab. Meinen Hausarzt wechselte ich, da ich hier auf Hilflosigkeit und Ablehnung gestoßen bin. Mir wurden nach Ausschluss mancher Differentialdiagnosen möglicher Stress und Antidepressiva nahegelegt. Neben solchen Erfahrungen, erlebte ich jedoch auch sehr engagierte und aufgeschlossene Mediziner*innen, Physiotherapeut*innen und Wissenschaftler*innen.

In den nächsten Monaten, welche dann zu zweieinhalb Jahren wurden, besuchte ich viele Ärzt*innen unterschiedlicher Fachrichtungen (Innere Medizin, Kardiologie, Immunologie, Pneumologie, Neurologie, Nephrologie) probierte etliche Medikamente, Heilversuche und Rehas. Dies erforderte eine hohe Eigenleistung in Recherche, sowie finanziell. Mein Partner, Familie und Freunde unterstützten mich unermüdlich. Ich lernte, dass Pacing mir half, die starken Einbrüche zu lindern. Inzwischen war ich größtenteils wohnungsgebunden und an schlechten Tagen bettgebunden. Ich erlebte starke autonome Dysfunktionen wie Atemaussetzer (im Wachzustand, meist beim Lesen), Sehstörungen, extreme Schlafprobleme wegen anhaltend hohem Ruhepuls (neben POTS) und Schmerzen, einen starken Wankschwindel, sowie eine starke Belastungsintoleranz (post-exertional malaise / PEM). Die kanadischen Diagnosekriterien für eine ME/CFS erfüllte ich, meine Handkraftmessung war auffällig. Nach sehr leichter Physiotherapie oder Ausfahrten im Rollstuhl bekam ich Symptome einer starken Gehirnerschütterung und war zeitweise nicht mehr ansprechbar. Nach Autofahrten, auch als Beifahrerin, ging es mir oft besonders schlecht. Krankenhausaufenthalte und Besuche in der Notaufnahme in den letzten Monaten hatten mir meist nicht geholfen und manchmal sogar geschadet, sodass ich diese Zustände meist Zuhause aushielt und wir die Körperfunktionen wie Blutdruck, Puls und Sauerstoffgehalt sicherheitshalber selbst überwachten. Selbst heute bestürzt mich diese Erfahrung, dass mich das medizinische System nicht auffangen konnte. Meine guten Stunden nutzte ich weiterhin um aus dem Bett heraus zu recherchieren und mich mit anderen Betroffenen auszutauschen.

So kam ich auf die Erfahrungsberichte von Jeff Wood [https://www.mechanicalbasis.org/mystory] und Jen Brea [https://www.jenniferbrea.com/my-story], welche sehr ähnliche Symptome nach einer Virusinfektion erlebt hatten – Jahre vor der Covid-19-Pandemie. Es war das erste Mal, dass ich mein Symptombild so deutlich wiedererkannte und in der weiteren Auseinandersetzung ein deutliches Bauchgefühl entwickelte. Nun recherchierte ich viel zielgerichteter, sodass ich schnell zur Diagnostik erst in einem UprightMRT in Hamburg landete, wo meine Vermutung einer AAI und CCI bestätigt wurde (vorhergegangene CTs und MRTs des Kopfes und Thorax waren allesamt unauffällig). Das Ehlers- Danlos- Syndrom wurde durch eine spezialisierte Praxis in Bonn ausgeschlossen. Ein paar Wochen später saß ich in der Neurochirurgie bei einem Spezialisten in Barcelona, unterlief einige Bildgebungen und Tests, woraufhin er mir die Diagnose bestätigte. Zudem diagnostizierte er ein okkultes Tethered Cord. Aus seiner Erfahrung heraus könnte dies auch als Folge einer Epstein-Barr- Infektion (Pfeiffersches Drüsenfieber) auftreten. Er empfahl mir, dieses zuerst operieren zu lassen, da dies in Einzelfällen zu einem signifikanten Rückgang der Symptomatik führe – jedoch mit dem Risiko, dass die Instabilität der HWS/Kopfgelenke sich im Nachgang verschlimmern könnte.

Schrittzähler – die Markierung stellt den Zeitpunkt der Tethered-Cord-OP dar.

Aufgrund des hohen Leidensdrucks und meiner sehr geringen Lebensqualität, habe ich mich für den Eingriff eines tethered-cordreleases (mikrochirurgische Durchtrennung des Filum terminale) entschieden. Hierfür habe ich durch die Hilfe von anderen Betroffenen eine geeignete neurochirurgische Klinik in Deutschland gefunden. Die Lösung des Rückenmarks führte in meinem Fall zu einem starken Rückgang der Belastungsintoleranz, PoTS, MCAS und weiteren Symptomen. Nun gehe ich wieder wandern, schwimmen und täglich spazieren und erlebe endlich wieder einen erholsamen Schlaf.
Ich kann meinen Alltag bestreiten und vieles wieder genießen.

Fluktuierende Symptome wie Schmerzen und Schwindel treten weiterhin auf, jedoch in einem weitaus geringeren Umfang. Aktuell nutze ich konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, isometrische Übungen und Ostheopathie um hiermit umzugehen. Rein subjektiv empfunden, verfügt mein Körper wieder über eine Regenerationskapazität. Ich erlebe weiterhin eine Stabilisierung meines Zustandes und die symptomfreien Tage nehmen weiter zu.

Der Weg zur Besserung konnte für mich nur aufgrund der Kombination verschiedener Ressourcen stattfinden: Praktische, emotionale und finanzielle Unterstützung durch mein nahes Umfeld, ein gewohnter Umgang mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen sowie im wissenschaftlichen Umfeld, ein Hausarzt und weitere Ärzt*innen, die sich engagierten, mir glaubten und mich nicht psychosomatisierten, Vertrauen in meine analytischen Fähigkeiten, sowie in mein Körpergefühl. Der ausschlaggebende Punkt war jedoch die Öffentlichkeitsarbeit von anderen Betroffenen sowie der direkte Austausch. Daher möchte auch ich meine Erfahrungen weitergeben und mit der ehrenamtlichen Arbeit in diesem Verein dazu beitragen, dass es zukünftig strukturelle Verbesserungen hinsichtlich der Diagnostik und der Behandlung des angesprochenen Krankheitsbildes geben wird.

CCI/AAI Initiative e.V. - Verein für Menschen mit craniocervikaler und atlantoaxialer Instabilität im Okzipito-Atlanto-Axialbereich der Wirbelsäule, cervicocephalem Syndrom und weiteren Komorbiditäten.

© COPYRIGHT – CCI/AAI Initiative e.V. – @2025