Tethered Cord Syndrom (TCS)

Das Tethered Cord Syndrom ist eine neurologische Erkrankung, bei der das Rückenmark aufgrund von Verwachsungen oder Anomalien an der Dura fixiert ist. Diese Fixierung führt zu Spannungen im Rückenmark, was eine Reihe von Beschwerden verursachen kann. Besonders für Menschen, die bereits an einer craniocervikalen Instabilität (CCI) oder einer atlantoaxialen Instabilität (AAI) leiden, ist das Verständnis dieser Erkrankung wichtig, da beide Krankheitsbilder möglicherweise zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen können. Diese Zusammenhänge werden jedoch noch erforscht und sind noch nicht vollständig geklärt.

Okkultes Tethered Cord Syndrom (OTCS): Verborgene Ursache, große Auswirkungen

Das „okkulte“ Tethered Cord Syndrom ist eine schwer erkennbare Form der Erkrankung, da bei der Bildgebung – wie der MRT – oft keine offensichtlichen Anzeichen einer Fixierung des Rückenmarks erkennbar sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Symptome weniger gravierend sind. Im Gegenteil: Gerade bei Betroffenen mit CCI oder AAI wird vermutet, dass ein okkultes Tethered Cord Syndrom die bestehende Instabilität verstärken könnte. Allerdings befindet sich die Forschung zu diesen Wechselwirkungen noch in einem frühen Stadium, und die genauen Mechanismen sind noch nicht abschließend verstanden.

Warum Tethered Cord und CCI/AAI möglicherweise zusammen­hängen

Es gibt Hinweise darauf, dass das Tethered Cord Syndrom und craniocervikale bzw. atlantoaxiale Instabilitäten miteinander verbunden sein könnten. Bei Menschen mit CCI oder AAI ist der Bereich der Schädelbasis und der oberen Halswirbelsäule instabil, was das zentrale Nervensystem zusätzlich belastet. Wenn das Rückenmark durch das Tethered Cord Syndrom fixiert ist, könnte die zusätzliche Spannung auf das Rückenmark die Symptome der Instabilität verschlimmern. Dieser mögliche Zusammenhang wird aktuell wissenschaftlich untersucht, doch die genauen Ursachen und Zusammenhänge sind noch nicht vollständig verstanden.

Abbildung: Überlappende Symptome und neurologische Befunde beim Tethered-Cord-Syndrom und bei zervikaler Instabilität. Tethered-Cord-Syndrom (blau), zervikale Instabilität (rot), überlappende Merkmale beider Zustände (orange). Gensemer, C. et al. 2024

Symptome des okkulten Tethered Cord Syndroms bei CCI/AAI-Patienten

Die Symptome des Tethered Cord Syndroms ähneln oft denen von CCI/AAI, was eine Diagnose erschwert. Zu den typischen Beschwerden gehören:

- Chronische Rückenschmerzen (oft im unteren Rücken)
- Neurologische Symptome wie Taubheit, Kribbeln oder Schwäche in den Beinen
- Beeinträchtigte Blasen- und Darmfunktion (Inkontinenz oder Verstopfung)
- Gangunsicherheiten oder Koordinationsprobleme
- Erhöhte Nacken- und Kopfschmerzen durch die zusätzliche Spannung des Rückenmarks
- Symptomverschlechterung bei Kopfbewegungen (besonders relevant bei CCI/AAI)

Diese Symptome können sich bei Patienten mit CCI/AAI verschlimmern, was darauf hindeutet, dass beide Erkrankungen möglicherweise miteinander in Verbindung stehen. Da die wissenschaftliche Forschung zu diesen Zusammenhängen noch im Gange ist, sollten Ärzte und Patienten bei der Behandlung einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen.

Diagnose: Besondere Herausforderungen

Die Diagnose eines okkulten Tethered Cord Syndroms ist oft schwierig, da herkömmliche Bildgebungsverfahren wie MRT oft keine klaren Hinweise liefern. Besonders bei Patienten mit CCI oder AAI ist es wichtig, auf subtile Hinweise zu achten. Neurologen oder Neurochirurgen die mit beiden Krankheitsbildern vertraut sind, führen eine sorgfältige klinische Untersuchung durch und nutzen spezialisierte bildgebende Techniken, um eine mögliche Fixierung des Rückenmarks zu erkennen. Die wissenschaftliche Gemeinschaft forscht jedoch weiterhin an präziseren Diagnosemethoden, um diese komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen. Aus wissenschaftlichen Studien geht hervor, dass ein MRT in Bauchlage die Diagnose von OTCS erleichtern kann, insbesondere in Fällen, in denen herkömmliche MRT-Untersuchungen in Rückenlage keine eindeutigen Hinweise liefern.

Behandlung: Chancen und Risiken für CCI/AAI-Patienten

Die primäre Behandlung des Tethered Cord Syndroms ist die operative Freilegung des Rückenmarks. Bei dieser Operation wird das Rückenmark von verwachsenen Strukturen befreit, um die Spannung zu lösen und die Symptome zu lindern. Für Betroffene mit CCI oder AAI kann diese Operation jedoch zusätzliche Herausforderungen mit sich bringen. Da das Rückenmark bei diesen Menschen bereits durch die Instabilität belastet ist, muss die Behandlung sehr vorsichtig durchgeführt werden. Der Zusammenhang zwischen Tethered Cord und Instabilitäten wird noch erforscht, weshalb es entscheidend ist, dass die Behandlung in Zusammenarbeit mit Spezialisten erfolgt, die über Erfahrung mit beiden Erkrankungen verfügen.

Leben mit Tethered Cord Syndrom und CCI/AAI

Für Patienten, die sowohl an einem Tethered Cord Syndrom als auch an CCI oder AAI leiden, ist es wichtig, die Symptomatik genau zu beobachten und eine enge Zusammenarbeit mit einem spezialisierten medizinischen Team zu pflegen. Da die Symptome oft schleichend fortschreiten, sollten Veränderungen in der Mobilität, der Blasen- und Darmfunktion oder der Schmerzintensität ernst genommen werden. Die Forschung zu den Verbindungen zwischen diesen Erkrankungen schreitet weiter voran, doch bis klare Antworten vorliegen, ist eine individuelle, an den Patienten angepasste Betreuung von größter Bedeutung.

Fazit

Das okkulte Tethered Cord Syndrom ist eine schwer zu diagnostizierende Erkrankung, die bei Betroffenen mit craniocervikaler oder atlantoaxialer Instabilität möglicherweise erhebliche Auswirkungen haben kann. Obwohl erste Hinweise auf eine Verbindung zwischen diesen Erkrankungen vorliegen, befindet sich die Forschung noch in einem frühen Stadium. Betroffene sollten sich in die Hände erfahrener Spezialisten begeben, die mit den Herausforderungen beider Erkrankungen vertraut sind. Eine enge Zusammenarbeit und eine sorgfältige Beobachtung der Symptome sind entscheidend, um die bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten und die Behandlung optimal anzupassen.

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Quellen

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  • Mikula, S., & Binning, M. J. (2019). „Tethered cord syndrome in adults.“ Neurosurgical Focus, 29(1): Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über TCS bei Erwachsenen und beschreibt die vielfältigen klinischen Präsentationen und Diagnoseherausforderungen.
  • Barson, A. J. (1970). „The position of the conus medullaris in early life.“ Journal of Anatomy, 106(3), 489-495.: Diese Arbeit analysiert die anatomische Entwicklung des Rückenmarks und gibt Einblicke in die normalen und abweichenden Positionen des Conus medullaris.
  • Massimi, L., et al. (2011). „Filum terminale section in Chiari type I malformation: a systematic review.“ Child’s Nervous System, 27(9), 1505-1510.: Diese systematische Übersichtsarbeit untersucht die Evidenz für die Filum-Terminale-Operation und mögliche Zusammenhänge zwischen OTCS und Chiari-Malformationen.
  • Stamates MM., et al. (2018) „Magnetic resonance imaging in the prone position and the diagnosis of tethered spinal cord.“ J Neurosurg Pediatr., 21(1), 4-10.
  • Nakanishi K., et al. (2013) „Use of prone position magnetic resonance imaging for detecting the terminal filum in patients with occult tethered cord syndrome.“ J Neurosurg Spine, 18(1), 76-84.
  • Gensemer C., et al. (2024) „Co-occurrence of tethered cord syndrome and cervical spine instability in hypermobile Ehlers-Danlos syndrome.“ Front Neurol., 15.
  • Harvard Medical School Studies on Tethered Cord Syndrome.: Laufende Studien analysieren die Rolle mechanischer Belastungen des Rückenmarks bei ME/CFS-Patienten und erforschen chirurgische Optionen für Patienten mit multiplen neurologischen Komorbiditäten: https://polybio.org/projects/case-study-5/

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